Der WDR in Duisburg-Marxloh: Ich bin ein Politiker – holt mich hier raus!

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Der WDR hat sich etwas wirklich Tolles für seine Zuschauer ausgedacht. Politiker aller Parteien in Nordrhein-Westfalen sollen endlich das wahre Leben kennenlernen. Sie sind seit Sonntag gemeinsam in einer Wohngemeinschaft in einem sozialen Brennpunkt im Ruhrgebiet untergebracht. Dort sollen sie in einem „Realitäts-Check“ die reelle Härte von Hartz IV endlich selbst erleben dürfen. Ein urbanes Dschungelcamp für Politiker.

Alte Linke, junge Grüne und Bürgermeisterkandidaten leben für zehn Tage in Duisburg-Marxloh zusammen. Statt Kakerlaken zu essen oder aus Bäumen ein Floß zu flechten, sollen sie „praktische Lösungen finden für ganz reale, alltägliche Probleme, wie z.B. die Jugendarbeitslosigkeit oder den fehlenden Krankenversicherungsschutz vieler Menschen in diesem Stadtteil“ freut sich der WDR in seiner Vorankündigung.

Die Idee ist ohne Frage eine gute Maßnahme des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, um gegen den weit verbreiteten Politikfrust anzutreten. Vor allem im Prekariat zwischen Duisburg-Marxloh und Dortmund-Nordstadt ist das Desinteresse an Politik weit verbreitet – hier liegt die Wahlbeteiligung auf einem erschreckend niedrigen Niveau. Der WDR reagiert mit seiner Sendung mutig auf die vielen Klagen, dass sich das Politikpersonal seinen Wählerinnen und Wählern entfremdet habe. Zeit, das zu ändern.

Begleitet wird der Lernprozess der Politiker von Kameras. Mit ein bisschen Glück huscht auch mal ein echter Hartz-IV-Empfänger mit einer offenen Bierflasche authentisch durch’s Bild – zumindest hätte dann das Fernsehformat „Nicht reden – machen statt quatschen“ doch noch das Prädikat Reportage verdient.

Innerhalb von zehn Tagen werden alte Politikhasen und jugendliche Aufsteiger lernen, wo der Hammer hängt. Duisburg-Marxloh hat einen Migrantenanteil von über 45 Prozent und mit rund 16 Prozent liegen die Arbeitslosenzahlen weit über dem Bundesdurchschnitt. Ein ideales Experimentierfeld – gerade auch für die Jungpolitiker.

Den lustigen Schnupperkurs in Armut belegen Manuel Dröhne (Jusos, Stadtrat in Oberhausen), Klaus Franz (CDU-Bürgermeisterkandidat für Bochum), Lisa-Marie Friede (Sprecherin Grüne Jugend NRW), Luisa-Maximiliane Pischel (Junge Liberale, Kreisvorsitzende Ruhrgebiet), Paula Marie Purps (CDU), Ulrich Scholten (SPD-Bürgermeisterkandidat für Mülheim/Ruhr) und Kathrin Vogler (Die Linke, MdL).

Auch die AfD wurde vom WDR in die didaktische Kuschel-WG eingeladen. Die rechtspopulistischen Partei („Wir sind nicht das Weltsozialamt“) nimmt jedoch nicht teil und wird wohl nie erfahren, wie es auf dem Sozialamt ist. Der WDR bedauert, dass eine Teilnahme der AfD aus „organisatorischen Gründen“ nicht zustande gekommen sei. Schade. Für den in WG’s sehr unbeliebten Abwaschdienst muss dann wohl doch die Jüngste, die Liberale Luisa-Maximiliane Pischel, ran.

Die „Reportage“ kann man am 24. August um 21 Uhr im WDR ansehen. Oder abschalten.

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