Schlagwort-Archiv: Nazis

NRW-Politiker standen im Visier des NSU

Fahndungsplakat des NSU

Der NSU-Untersuchungsausschuss in Nordrhein-Westfalen dümpelt seit seiner Einsetzung vor 8 Monaten vor sich hin. Neben Anhörungen von Sachverständigen ist bisher nicht viel passiert. Dabei müsste das Interesse der Abgeordneten an einer zügigen Aufklärung ein eigenes Anliegen sein, denn der Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) hatte auch zahlreiche nordrhein-westfälischen Politiker*innen und Abgeordnete im Visier. In Dortmund, Paderborn, Bielefeld und Hamm kundschaftete der NSU die Lage von Wahlkreis- und Parteibüros aus. In den Brandtrümmern der Wohnung und des Wohnmobils von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt fand man neben umfangreichem Kartenmaterial auch Adresslisten, die belegen, dass der Kreis möglicher NSU-Opfer groß war. Die auf einem USB-Stick gespeicherten 90.000 Datensätzen enthielten insgesamt etwa 10.000 Adressen. Sie dienten laut Bundeskriminalamt dazu, „aus Tätersicht geeignete Tatopfer zu identifizieren“. In 23 NRW-Städten wurden mindestens 191 potentielle Ziele zur Tötung von Menschen von den NSU-Tätern und möglichen Helfer*innen ausgewählt. Einige anvisierte Tatorte wurden im Vorfeld abfotografiert. Fotos zeigen das Büroschild eines SPD-Unterbezirksbüros und das dazu gehörende Straßenschild „Landwehrstraße“. Weiterlesen

NRW-Politiker standen im Visier des NSU

Fahndungsplakat des NSU

Der NSU-Untersuchungsausschuss in Nordrhein-Westfalen dümpelt seit seiner Einsetzung vor 8 Monaten vor sich hin. Neben Anhörungen von Sachverständigen ist bisher nicht viel passiert. Dabei müsste das Interesse der Abgeordneten an einer zügigen Aufklärung elementar sein, denn der Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) hatte auch zahlreiche Politikerinnen und Abgeordnete im Visier. In den nordrhein-westfälischen Städten Dortmund, Paderborn, Bielefeld und Hamm kundschaftete der NSU die Lage von CDU-Wahlkreisbüros und SPD-Parteibüros intensiv aus. In den Brandtrümmern der Wohnung von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt und in ihrem Wohnmobil fand man neben umfangreiches Kartenmaterial auch Adresslisten, die belegen, dass der Kreis möglicher NSU-Opfer groß war. Auch eine jüdische Gemeinde stand auf den Listen. Die auf einem USB-Stick gespeicherten 90.000 Datensätzen enthielten etwa 10.000 Adressen. Sie dienten laut Bundeskriminalamt dazu, „aus Tätersicht geeignete Tatopfer zu identifizieren“. In 23 verschiedenen Städten wurden mit großem Planungsaufwand mindestens 191 potentielle Ziele zur Tötung von Menschen von den NSU-Tätern und möglichen Helfern ausgewählt. Weiterlesen

Das Unschuldslamm: Beate Zschäpe sagt im NSU-Prozess aus

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Nach 48 Monaten Haft und 249 Prozesstagen brach die im NSU-Prozess angeklagte Beate Zschäpe ihr Schweigen. Die neuen Anwälte Mathias Grasel und Hermann Borchert hatten ihr zu einer Aussage geraten und damit die Strategie der Aussageverweigerung beendet. Mit Spannung erwarteten viele Menschen, das Zschäpe heute endlich reinen Tisch macht und zur Aufklärung der zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge der rechtsextremistischen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund NSU beitragen würde. Vor allem die Angehörigen der Mordopfer forderten immer wieder Aufklärung. Doch Zschäpe bestritt ihre Mittäterschaft an den Morden – sie sei weder an den Vorbereitungen noch an der Ausführung beteiligt gewesen. Es ging ihr heute vor allem darum, mildernde Umstände zu erreichen – so die Einschätzung des Rechtsanwalts Carsten Ilius (Berlin), der die Witwe des Dortmunder NSU-Opfers, Mehmet Kubasik, Elif Kubaşık, im Prozess vor dem vor dem Münchener Oberlandesgericht vertritt. Beate Zschäpe vermittelte die Rolle eines Opferlamms statt einer Mittäterin.

Herr Rechtsanwalt Ilius, der Verteidiger von Beate Zschäpe, Mathias Grasel, hat heute die 53-seitige Aussage der Angeklagten verlesen. Zunächst ging es vor allem Persönliches, wie das Kennenlernen der „beiden Uwes“ und Zschäpes Weg in den Untergrund. War die Erklärung weitgehend eine Zusammenfassung der bereits vorhandenen Kenntnisse?

Ilius: Ja, das muss man sagen. Die Erklärung war nichts anderes als die Aufzählung von in der Anklageschrift aufgezählten, bereits bekannten Tatsachen. Wir haben heute weitgehend nur das erfahren, was wir ohnehin schon aus derBeweisaufnahme wussten.

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Tag der Solidarität mit den Opfern des NSU

Tag der Solidarität mit den NSU Opfern, Foto: Ulrike Märkel

Über 150 Menschen nahmen am Samstag an der Kundgebung zum Gedenken an Mehmet Kubasik, der am 04. April 2006 vom rechtsterroristischen NSU in Dortmund umgebracht worden ist, teil. Mehrere Migrantenorganisationen und Vereine hatten dazu aufgerufen, auch Vertreter der Kölner Vereinigung „Keupstrasse ist überall“ waren gekommen, um ihre Solidarität zu zeigen. Der Demonstrationszug startete an dem ehemaligen Kiosk der Familie Kubasik und endete an dem Mahnmal der NSU-Opfer. Dort wurde  von der Tochter des Ermordeten, Gamze Kubasik, ein Kranz niedergelegt. Die Stimmung war gedrückt, auch weil sich in dem Münchner Prozess gegen die mutmaßliche Mittäterin Beate Zschäpe und die anderen Angeklagten nicht viel bewegt. Die Zeugen schweigen, die Sicherheitsbehörden mauern – und die Verstrickungen des Verfassungsschutzes kommen immer mehr zu Tage.

Die Redner, darunter auch der Berliner Opferanwalt Carsten Ilius, machten deutlich, das es wichtig ist, die Erinnerung wachzuhalten. Nicht nur für die Angehörigen der Mordopfer, sondern auch für die Aufklärung der NSU Taten sei das Gedenken wichtig: „Wir wissen vieles immer noch nicht!”  Weiterlesen

Rathausüberfall: Stadt hat sich auf Staatsschutz verlassen

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Siegfried Borchardt („SS-Siggi“) vor dem Dortmunder Rathaus Foto: Jürgen Steinfelder

Die Gemüter in Dortmund beruhigen sich nicht so schnell, wie das einige möglicherweise gehofft haben – vor allem diejenigen, die durch falsche Einschätzungen im Vorfeld zu dem Desaster am Wahlsonntag in Dortmund beigetragen haben. Mitglieder der Partei „Die Rechte“ wollten sich am 25. Mai, mit Tränengas und Flaschen bewaffnet, gewaltsam Zutritt zum Rathaus verschaffen. Weder die Verwaltung der Stadt Dortmund noch die für den Wahlabend verantwortliche Wahlleiterin, Rechtsdezernentin Diane Jägers (CDU), tragen offenbar aufgrund eigener Fehleinschätzungen eine Mitverantwortung dafür, dass die Dortmunder Wahlparty katastrophal verlief und mit mehreren Verletzten endete. Vielmehr verließ sich die Verwaltung auf die Profis – den Staatsschutz. Zurecht.

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Todesanzeigen: Einschüchterungsversuche der Nazis

Hakenkreuze an Privathaus

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag wurde auf das Haus des Piraten Robert Rutkowski von Nazis ein feiger Anschlag verübt. Unbekannte Täter schmierten auf seine Hauswand mit weißer Farbe zwei große Hakenkreuze. Wieder einmal zeigen die Nazis in Dortmund, dass sie weder politisch handeln, noch argumentieren können. Sie sind nichts weiter als feige Schmierfinken.

Die Hakenkreuz sind innerhalb von zwei Wochen der zweite Versuch den engagierten Antifaschisten Rutkowski einzuschüchtern. Er ist Mitarbeiter der Landtagsfraktion der NRW- Piraten und seit vielen Jahren aktives Mitglied des Bündnisses BlockaDO. Das Bündnis hat zum großen Ärger der Rechten schon mehrfach Naziaufmärsche in Dortmund erfolgreich blockiert und konnte dadurch den ungehinderten Durchmarsch der Nazis durch die Stadt verhindern.

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Rechte Ausschreitungen bei Bürgerversammlung zum neuen Flüchtlingsheim

Polizeieinsatzkräfte und Rettungsdienst vor der Evinger Kirche

Polizeieinsatzkräfte und Rettungsdienst vor der Evinger Kirche

Die Veranstaltung über das neue Flüchtlingsheim sollte eigentlich darüber informieren, das bald Flüchtlinge aus den Kriegs- und Krisengebieten in Syrien, Irak und Afghanistan, in eine alte Hauptschule im nördlichen Stadtteil einziehen werden. In der Regel sind solche Veranstaltungen dazu da, die meist unberechtigten Sorgen der Menschen zu entkräften und Fragen zu den Neuankömmlingen und zu der Notunterkunft zu beantworten. Die Entscheidung der Bezirksbürgermeister die neue Dialogreihe, anders als in der Vergangenheit, ohne eine Ausschlussklausel für Rechte durchzuführen, hat sich gestern Abend gerächt. Die Situation eskalierte. Ein Polizist wurde verletzt, es gab zahlreiche Beleidigungen und Einschüchterungsversuche gegen Besucher der Veranstaltung.

Die Nazis, die sich an der Evinger Mitte zu einer Gruppe von ca. 40 Leuten zusammengerottet hatten, kamen als geschlossener Zug am Veranstaltungsort, einer Evinger Kirche, an. Es ist nachvollziehbar, dass die vier Security-Männer am Eingang angesichts dieses Naziaufmarsches den Zutritt nicht verhindert haben. Zudem gab es von den Veranstaltern keinen Auftrag, Nazis auszuschliessen oder von der Möglichkeit des Hausverbots Gebrauch zu machen. So nahmen 20 Nazis ungestört im unteren Kirchenraum Platz, während sich die anderen in drei Gruppen oben auf der Empore unter die Besucher mischten.

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CDU legt Antragsentwurf zum NSU-Untersuchungssausschuss vor

NSU Fahndungsplakat

Bei den Vorbereitungen zum NSU-Untersuchungsausschuss von Nordrhein-Westfalen wird es nun konkret. Nachdem „Die Piraten“ im Frühsommer als erste Fraktion im Landtag die Initiative ergriffen hatten und die konsequente Aufklärung der NSU-Fälle in einem eigenen NRW-Untersuchungsausschuss gefordert hatten, kündigte die CDU an, einen Untersuchungsausschuss nach der Sommerpause zu beantragen. Der Antragsentwurf liegt nun vor und wurde von den Christdemokraten an alle Fraktionen zur fraktionsinternen Beratung verschickt. Auf 22 Seiten werden ausführlich die unterschiedlichen Sachverhalte dargestellt und zahlreiche Fragen, die in NRW noch offen sind, aufgeführt. Die Ziele sind ehrgeizig.

Der Wille der CDU zu vollständiger Aufklärung der NSU-Fälle und zu der Ursache für die eklatanten Ermittlungspannen ist glaubwürdig. Mancher im Vorfeld unkte, die CDU würde mit dem Vorstoß für einen Untersuchungsausschuss vor allem die Fehler der damaligen SPD-Regierung aus taktische Gründen thematisieren wollen. Nach dem anfänglichen Zögern der anderen Landtagsfraktionen sind nun alle mit im Boot. Unwahrscheinlich, dass außer einigen Ergänzungen, gravierende Änderungsvorschläge zu dem CDU-Entwurf gemacht werden. Nicht zuletzt, weil das unweigerlich den Geruch des „vertuschen wollen“ und „unter den Teppich kehren wollen“ hätte. Diesen Vorwurf wird sich niemand im Landtag machen lassen wollen.

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NSU-Untersuchungsausschuss in NRW einstimmig beschlossen

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Heute steht die Einsetzung des nord-rheinwestfälischen NSU-Untersuchungsausschusses auf der Tagesordnung im Landtag NRW und zur Debatte. Das passt zeitlich gut, da heute im Bundestag zeitgleich eine Debatte anlässlich des 3. Jahrestages der Aufdeckung des NSU-Terrors  stattfindet. Nachdem sich alle Fraktionen im Landtag NRW auf eine Antragsformulierung geeinigt hatten, steht einer Abstimmung in der nächsten Zeit für die Einsetzung des fraktionsübergreifenden 12-köpfigen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) nichts mehr im Wege. Den mehrfachen Forderungen nach Aufklärung der Opfer-Angehörigen wird man nun endlich gerecht. Parallel hat sich ein NSU-Watch NRW gegründet.

Den Piraten ist die umfängliche Aufklärung aller bekannten und möglicherweise noch unaufgeklärten NSU-Taten in Nordrhein Westfalen, die im Bundes-Untersuchungsausschuss nicht hinlänglich beleuchtet werden konnten, ebenso wichtig, wie die Rolle der V-Leute und ein mögliches nordrhein-westfälischen Unterstützernetzwerk des Mord-Trios.

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NSU: Keine Transparenz zum Tod des V-Manns „Corelli“

Corelli 2012 (links mit Kamera) Foto: Roland Geisheimer/attenzione photographers

Corelli 2012 (links mit Kamera) Foto: Roland Geisheimer/attenzione photographers

Am 25. Februar 2015 behandelte der NRW-Landtag den Tod des V-Mannes Corelli, der im April 2014 tot in seiner Wohnung im Kreis Paderborn aufgefunden wurde. Thomas R., alias Corelli, verstarb mit 39 Jahren. Vor allem der Todeszeitpunkt wirft viele Fragen auf. Thomas R. verstarb nur wenige Tage vor seiner Vernehmung. Er hätte wesentlich zur Aufklärung der Hintergründe der NSU-Morde und der Rolle des Verfassungsschutzes beitragen können. Die Obduktion ergab eine „natürliche Todesursache“. An dieser Version gibt es erhebliche Zweifel, doch machte NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) vorgestern deutlich, dass es kein ernstzunehmendes Interesse der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen gibt, die genauen Todesumstände des V-Manns ‚Corelli“ aufzuklären. Transparenz ist offenbar unerwünscht.

Im Januar hatte Justizminister Kutschaty in enger Absprache mit der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft in Hamm das Versenden des toxikologischen Gutachtens an die Abgeordneten unterbunden. Das Schreiben vom 20.01.2015 ist ernüchternd. Der NRW-Justizminister teilte mit, dass es nach Prüfung durch den Generalstaatsanwalt in Hamm „keine Rechtsgrundlage für die Übersendung von Mehrfertigungen von Aktenteilen und die Erteilung von Auskünften aus den Verfahrensakten“ gebe. Die Einsicht in das Gutachten ist aber Voraussetzung, um den Tod eines der wichtigsten V-Männer und Zeugen aus dem NSU-Umfeld, umfassend aufzuklären.

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Innenminister Jäger legt konkrete Zahlen auf den Tisch – NRW hat weiterhin ein großes Problem mit Rechtsextremismus

Nazidemo in Dortmund, Foto: Ulrike Märkel

Nazidemo in Dortmund, Foto: Ulrike Märkel

Eine traurige Bilanz ergibt sich aus der Antwort von Innenminister Jäger auf die Anfrage der Grünen im Landtag NRW zu den rechtsmotivierten Straftaten in NRW im 1. Halbjahr 2014. Die Zahlen sind ernüchternd, Nordrhein-Westfalen hat weiterhin ein erhebliches Problem mit Rechtsextremismus. Das Ranking der Städte geht vor allem für Dortmund schlecht aus. Die Stadt im Ruhrgebiet bleibt weiterhin, ungeachtet des beachtlichen bürgerschaftlichen Engagements, der Blockaden gegen Naziaufmärsche und zahlreichen Aktionsplänen gegen Rechts, die nordrhein-westfälische Nazi-Hochburg. Auf die aktuell vorliegenden Zahlen sollte eine fundierte Ursachen-Analyse im Innenministerium, bei den ermittelnden Behörden und in den einzelnen Kommunen folgen. Denn die Frage ist weiterhin unbeantwortet, warum es trotz der zahlreichen Bemühungen nicht zu einer spürbaren Eindämmung des Rechtsextremismus in NRW gekommen ist.

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NRW: Antrag der CDU zum NSU-Untersuchungsausschuss

NSU Fahndungsplakat

Bei den Vorbereitungen zum NSU-Untersuchungsausschuss von Nordrhein-Westfalen wird es nun konkret. Nachdem „Die Piraten“ im Frühsommer als erste Fraktion im Landtag die Initiative ergriffen hatten und die konsequente Aufklärung der NSU-Fälle in einem eigenen NRW-Untersuchungsausschuss gefordert hatten, kündigte die CDU an, einen Untersuchungsausschuss nach der Sommerpause zu beantragen.

Der Antragsentwurf liegt nun vor und wurde von den Christdemokraten an alle Fraktionen zur fraktionsinternen Beratung verschickt. Auf 22 Seiten werden ausführlich die unterschiedlichen Sachverhalte dargestellt und zahlreiche Fragen, die in NRW noch offen sind, aufgeführt. Die Ziele sind ehrgeizig. Der Wille der CDU zu vollständiger Aufklärung der NSU-Fälle und zu der Ursache für die eklatanten Ermittlungspannen ist glaubwürdig.

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Landtag NRW: Bericht von Innenminister Jäger zum Nazi-Angriff auf das Dortmunder Rathaus

Naziüberfall auf das Rathaus Dortmund; Foto: 2014, Jürgen Steinfelder

Überfall auf das Rathaus Dortmund; Foto: Jürgen Steinfelder

Der Bericht von Innenminister Ralf Jäger (SPD) zum gewalttätigen Überfall der Rechtsextremen auf das Dortmunder Rathaus am Wahlsonntag beruhigt die Betroffenen der Gewaltattacke nicht, denn er enthält einige Merkwürdigkeiten. Nicht die Rechten (darunter zahlreiche polizeilich bekannte Gewalttäter) hätten die Wahlparty am 25. Mai 2014 in Dortmund gestört, sondern die Politiker behinderten die Polizei bei ihrer fachkundigen Arbeit. Viele sehen die verzerrte Darstellung der Ereignisse nicht nur als misslungenen, sondern sogar als ehrenrührigen Erklärungsversuch des Ministers an. Einige glauben, dass mit dem Bericht versucht wird, von den Fehlern des Staatsschutzes und der Polizei abzulenken. Fakt ist, dass statt einer scharfen Analyse der Ereignisse am Wahlabend und einer selbstkritischen Aufarbeitung der Fehleinschätzungen des Staatsschutzes im Vorfeld des Wahlsonntags, Innenminister Jäger mit einer erstaunlichen Gelassenheit zusammenfasst: “Abschließend ist festzustellen, dass der polizeiliche Einsatz sachgerecht verlaufen ist.” Andere sehen das anders.

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CDU und Piraten fordern gemeinsam einen NSU-Untersuchungsausschuss

Gedenkstein Mehmet Kubasik, Foto: Ulrike Märkel

Birgit Rydlewski, NRW Landtagsabgeordnete von „Die Piraten“, hatte Initiative für einen NSU Untersuchungsausschuss auf Landesebene ergriffen und im Mai einen Antrag zur Einsetzung eines Ausschusses im Landtag eingebracht. Sie hat jetzt einen starken Partner an ihrer Seite: Die CDU Landtagsfraktion arbeitet zur Zeit an einem Entwurf für einen Einsetzungsbeschluss – es wird also konkret. Dabei wird es auch um die aktuellen Fragen zum plötzlichen Tod des V-Manns Corelli gehen. Damit folgt Nordrhein-Westfalen mit mindestens drei NSU-Attentaten den Bundesländern Thüringen, Sachsen, Bayern und Hessen nach. Dafür ist es höchste Zeit!

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NSU: Gab es eine bewaffnete Combat 18-Zelle in NRW?

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Die Anwälte der Familie Kubasik legten am 06. November 2014 im NSU-Prozess dem Oberlandesgericht in München drei Anträge vor, in denen Sie nachdringlich Fragen zu einem möglicherweise umfassenden, sogar international verknüpften Netzwerk stellen, das den NSU bei seinen Mordtaten unterstützt haben könnte. Zudem möchten Sie weitere wichtige Zeugen laden. Es könnte demnächst im Prozess gegen Beate Zschäpe und die vier Mitangeklagten eine Wende geben – wenn das Gericht die Anträge zulässt. Denn würde sich bestätigen, dass es eine Combat 18-Zelle gab, die den NSU bei den Vorbereitungen zu dem Mord an dem Kioskbesitzer Mehmet Kubasik 2006 in Dortmund unterstützt hat und sich durch die Zeugenbefragungen herausstellt, dass es Netzwerke zwischen der NRW-Naziszene und der Blood & Honour Bewegung in Flandern gab und darüber hinaus grenzüberschreitende Waffengeschäfte abgewickelt wurden, könnte man nicht länger davon ausgehen, dass das NSU-Trio als Einzeltäter mit einem auf wenige Personen beschränkten Unterstützerkreis gehandelt hat. Damit hätte der NSU-Prozess eine neue Dimension eröffnet: EIn übergeordnetes Terror-Netzwerk statt der Theorie der “drei Einzeltäter”.

Glaubwürdige Zeugenaussagen und Belege für ein übergeordnetes Netzwerk militanter Nazis, die das Terrortrio im Geiste der rassistischen und antisemitischen Turner Tagebücher unterstützt haben könnten, wären ein Zeichen dafür, dass in Deutschland Kenntnisse über das Vorhandensein eines bundesweit agierenden Rechtsterrorismus-Netzes mit einem strategisch klar ausgerichteten Mord-Plan jahrelang unterschätzt oder sogar wissentlich ignoriert wurde. Grund genug daher, diesen Spuren nachzugehen, wie es die Anwälte fordern.

Die Turner-Tagebücher und der führerlose Widerstand – eine Vorlage für den NSU

Die Anwälte Antonia von der Behrens, Carsten Illius, Sebastian Scharmer und Peer Stolle beantragten unter anderem die Ladung zweier Zeugen: Marko Gottschalk, Sänger der Band Oidoxie und Sebastian Seemann, Mitglied der Oidoxie Streetfighting Crew, der offenbar örtliche Blood & Honour-Strukturen mit aufbaute. Beide könnten in Blick auf die Haltung der Szene zu terroristischen Aktivitäten einzelner, radikaler Zellen „des freien nationalen Widerstandes“ Aufschluss geben. Eine Schlüsselfigur könnte im Prozessverlauf vor allem der 2007 enttarnte V-Mann Sebastian Seemann werden. Er hatte in Gesprächen mit den Sicherheitsbehörden mehrfach Hinweise auf bestehende Strukturen und Kontakte zu militanten Gruppierungen gegeben. Diese Tatsache rechtfertigt nicht nur die Zeugenladung vor Gericht, sondern macht sie für die Aufklärung der Umstände der NSU Taten in Nordrhein-Westfalen absolut notwendig.

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