AfD-Promis und Rechtsradikale gemeinsam vor der Kamera

AfD GaulandDie AfD ist beleidigt und eilte am Wahlsonntag, statt zur „Lügenpresse“, lieber mit sechs Mann in das „Wahlstudio“ des Rechtspopulisten und Verschwörungstheoretiker Jürgen Elsässer. Der Querfrontstratege hetzt seit Monaten in seinem Magazin COMPACT gegen Flüchtlinge mit Panik-Slogans wie „Asyl. Das Chaos – so kommt der Bürgerkrieg“ und „Asylflut – die Invasion der Siedler“. Unter den Studiogästen waren auch prominente Vertreter der AfD, wie der Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, und der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke.

Verwunderlich ist das große Interesse der AfD am Wahlsonntag im YouTubeChanel von Compact aufzutreten, nicht. Elsässer trommelte vor den Wahlen unverhohlen für die Rechtspopulisten. Am Wahlsonntag machte sich die Alternative für Deutschland nicht nur mit Elsässer gemein, sondern ihre Spitzenvertreter traten gemeinsam mit Leitfiguren aus dem rechtsextremen Spektrum in dem privaten TV-Kanal auf. Die AfD fühlte sich vor den Wahlen als Opfer der Medien schlecht behandelt. Ungeachtet ihrer Dauerpräsenz in allen großen Talkformaten von Maybrit Illner bis Anne Will, fühlte sie sich ignoriert und/oder falsch verstanden. Elsässer triumphierte und nahm am Wahlsonntag die Medienopfer auf.

ARD, ZDF, MDR – alle mussten sie am Sonntagabend vor den gut geschützten Türen des COMPACT-Studios zusehen, wie der Sieger des Abends, André Poggenburg, uns exklusiv Rede und Antwort stand. Das war die Quittung für ihre Anti-AfD-Hetzkampagnen.“

Die Allianz zwischen der Brandenburger AfD und Verschwörungstheoretiker Elsässer, der nicht nur in seiner Zeitschrift Compact, sondern auch auf Pegida-Demos gegen die Asylpolitik hetzt, ist alt. Elsässer durfte schon 2014 bei Gaulands AfD Brandenburg als Redner auftreteten. Diese Tradition wurde fortgesetzt: Insgesamt sechs AfD-Vertreter, wie Oliver Kirchen AFD-Direktkandidat aus Magdeburg, schüttelten am Wahlsonntag dem Compact-Herausgeber die Hand. Mit André Poggenburg und Björn Höcke waren in dem dilettantisch wirkenden Ambiente des Compact Youtube Chanel auch zwei der prominentesten AfD-Vertreter zu Gast.

Und auch Andreas Kalbitz, Stellvertreter von Brandenburgs AfD-Landeschef Alexander Gauland, übte am Sonntag vor laufender Kamera mit Jürgen Elsässer den Schulterschluss. Der AfD-Mann hat keine Berührungsängste mit Rechten. Er war Mitglied der rechtsextremen Partei Republikaner und ist auch weiterhin in den einschlägigen Kreisen aktiv. Zuletzt machte er als neuer Vorsitzender des geschichtsrevisionistischen Vereins Kultur- und Zeitgeschichte – Archiv der Zeit e.V. von sich reden.

AfD-Spitzenkandidat André Poggenburg wird das nicht stören. Er selbst hat ein Abgrenzungsproblem zu den sich smart gebenden, so genannten „Neurechten“. Am Wahlsonntag freute er sich nicht nur darüber, dass die Medien „ohne es zu wissen“ für die AfD Wahlwerbung gemacht hätten, sondern redete auch im freundlichen Gesprächsduett mit dem Rechtsextremisten Götz Kubitschek. Der umtriebige Rechte ist Gründer der „Bildungseinrichtung“ Institut für Staatspolitik (IfS), Betreiber der Hetzplattform deutscheopfer.de und Herausgeber der rechten Zeitschrift Sezession. Wenn Götz Kubitschek vor jubelnden Pegida-Demonstranten in Dresden von dem Verdienst der AfD spricht, eine Partei der Bewegung zu sein, kann man den Bezug auf die NSDAP, die sich nicht nur als Partei, sondern vor allem als Bewegung der Massen verstand, nur schwer überhören. Die vom Verfassungsschutz beobachtete Identitäre Bewegung (IB) hält Kubitschek für eine „elektrisierende junge Bewegung“.

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Die AfD gemeinsam mit der Identitären Bewegung im Wahlstudio 

Auch Kubitscheks Kollege und Sezessionsautor Martin Sellner, Leiter der rechtsextremen Identitären Bewegung (IB) in Wien, durfte am Sonntagabend mit AFD-Höcke das Compact Studio teilen. Er freute sich auf Twitter wenige Tage vor der Wahl unter dem Hashtag #afd #identitäre über den Erfolg der AfD. Nils Altmieks, Chefideologe der deutschen Identitären Bewegung konnte offenbar nicht selber kommen, wurde aber per Videotrailer dazu geschaltet. Die völkische denkende IB glaubt, dass die Bevölkerung in Deutschland ausgetauscht werden soll. Was absurd klingt, ist Programm – unter dem Namen „der große Austausch“ schüren die Identitären mit öffentlichen Aktionen Angst vor Flüchtlingen.

Kurz davor liess sich Jan Schmidt, Landeschef der Jugendorganisation Junge Alternative in Sachsen Anhalt, mit einem Gläschen Sekt in der Hand von Elsässer abfeiern. Schmidt, Unterzeichner der Erfurter Resolution des rechten Parteisammelbeckens Der Flügel, prangerte öffentlich die „Lügen der Asylindustrie“ an. Das der Begriff Asylindustrie von Compact bereits 2014 genutzt wurde, um gegen eine humane Flüchtlingspolitik zu polemisieren, ist vermutlich kein Zufall. Schmidt ist jedenfalls rechte Präsenz in seiner Nähe gewohnt: In der benachbarten AfD-Jugendorganisation in Brandenburg sitzt mit Alexander Salomon ein ehemaliges Mitglied NPD im Vorstand.

Geben und nehmen: Querfronten bilden

Und noch ein Akteur aus der Abteilung der Neurechten durfte bei organisierten Querfront-Applaudieren für den AfD Wahlsieg nicht fehlen – die 1 Prozent Bewegung. Ein Stellldichein gab sich in dem „alternativen“ Wahlstudio Philip Stein, Mitglied der rechten Marburger Burschenschaft. Der Autor der wichtigsten Postille der Neuen Rechten – die Blaue Narzisse – ist neben Elsässer für die „Bürgerbewegung“ 1 Prozent verantwortlich. Stein beschönigte in der Wahlrückschau die Bewegung: „Wir sind die NGO Greenpeace der Patrioten“. Die Gruppe unterstellt Wahlbetrug mit den Worten „die herrschende Klasse wird vor Betrug und Fälschung nicht zurückschrecken, um an der Macht zu bleiben.“ Sie setzte daher bei den Landtagswahlen am Sonntag „neutrale“ Wahlbeobachter ein, was heftig kritisiert wurde. Das Credo der Einprozentigen heisst: „Wir brauchen eine Bürgerbewegung, eine breite Lobby für Deutschland“ – das wollen die Querfront-Treiber auch.

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Eine Querfront-Lobby zu bilden, diesem Ziel ist Elsässer mit seiner kleinen TV-Show am Sonntag einen weiteren Schritt näher gekommen. Und die AfD hat nicht nur gezeigt, was sie von den angeblichen „Systemmedien“ hält. Das Zusammentreffen von AFD-Spitzenleuten mit prominenten Vertretern der Neurechten zeigt, dass die forcierte Verbindung zwischen Rechtspopulisten, Bürgerlich-Konservativen und Rechtsextremen aufgeht. Diesen Erfolg sollte man nicht verharmlosen. Zwischen die AfD in den östlichen Bundesländern und Compact passt im Moment offenbar kein Blatt Zeitungspapier.

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